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Immissionsmessungen im Landkreis Rotenburg (Wümme): Untersuchungsergebnisse (2016)

Die Immissionsmessungen an Erdgasförderplätzen im Landkreis Rotenburg/Wümme sind beendet. Es wurden keine Auswirkungen der Erdgasförderung auf die Umgebungsluft festgestellt.


Untersuchungsgegenstand:

Im Landkreis Rotenburg wird an vielen Stellen Erdgas gefördert. Bei Freiförder- und Testarbeiten kann es erforderlich sein, dass das Gas über eine Fackel abgeleitet und verbrannt werden muss.

Um den Einfluss von Fackelarbeiten auf die Umgebungsluft zu bestimmen, hat das LBEG eine Ingenieurgesellschaft beauftragt lufthygienische Messungen durchzuführen.

Mit den Messungen sollte ermittelt werden, in welcher Konzentration aromatische Kohlenwasserstoffe (Benzol, Toluol, Ethylbenzol, Xylole kurz: BTEX) und Quecksilber durch die Erdgasförderung, speziell bei Fackelarbeiten, in der Umgebung der Förderstellen einwirken (Immissionen). Die Konzentrationen von Quecksilber und BTEX in der Umgebungsluft wurden dafür über neun Monate an einer Dauermessstelle im Erdgasfeld Söhlingen bestimmt. Außerdem wurden 3 Intensivmesskampagnen im direkten Umfeld von Fackelarbeiten durchgeführt.

Weitere Informationen zu BTEX und Quecksilber sind unter dem Punkt „Untersuchte Komponenten“ zu finden.


  Bildrechte: Müller-BBM
Abbildung 1: Beispielaufnahme einer während Revisionsarbeiten temporär auf Erdgasförderstätten eingesetzten Fackel (Müller-BBM, Aufnahmedatum 16.12.2015)


Ergebnisse:

Die am Dauermesspunkt bei Söhlingen ermittelte Konzentration von Benzol liegt deutlich unterhalb des entsprechenden Beurteilungswertes. Die gemessene Konzentration lag im gesamten neunmonatigen Messzeitraum bei durchschnittlich 0,4 µg/m³ (Mikrogramm pro Kubikmeter Luft). Der entsprechenden Beurteilungswert1 liegt bei 5 µg/m³ (im Jahresmittel) gemäß TA Luft (technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft).

Verglichen mit der vom staatlichen Gewerbeaufsichtsamt Hildesheim erfassten Benzolkonzentration ist die Konzentration am Dauermesspunkt mit sehr niedrigen ländlichen Hintergrundwerten vergleichbar. Am Vergleichsmesspunk in Hildesheim liegen die langjährig gemessenen Mittel bei etwa 0,4 – 0,6 µg/m³. Selbst der maximal gemessene Wert von 0,9 μg/m³ am Dauermesspunkt liegt auf einem sehr niedrigen Niveau. Im industriell verdichteten Ruhrgebiet sind vergleichsweise Monatswerte über 7 μg/m³ registriert worden.

Eine Übersicht über die im neunmonatigen Zeitraum gemessenen Werte der aromatischen Kohlenwasserstoffe ist in der Abbildung 2 gegeben.

Die Messergebnisse bestätigen eine ebenfalls vom LBEG durchgeführte Messkampagne aus dem Jahr 2012. Dabei wurden an 3 Messpunkten im Umfeld des Förderbetriebes Söhlingen identische Messungen durchgeführt. Auch damals konnte kein signifikanter Einfluss der Lage der Messorte auf die Höhe der resultierenden Immissionsbelastung nachgewiesen werden. Die Messergebnisse lagen auf einem niedrigen Hintergrundniveau, das sich nicht von erdgasfernen Regionen unterscheidet.



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Abbildung 2: Messergebnisse BTEX Dauermesspunkt Juli 2015 - März 2016 (Müller-BBM)
Bildrechte: LBEG
Abbildung 3: Ergebnisse Dauermesspunkt Benzol

Die für Quecksilber an der Dauermessstation ermittelten Werte lagen im Mittel bei 1,6 ng/m³ (Nanogramm pro Kubikmeter Luft). Damit liegen sie deutlich unterhalb (< 5 %) der Empfehlung von 50 ng/m³ gemäß Bund/Länderarbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI)5. Gemäß Air Quality Guideline der Weltgesundheitsorganisation (WHO) entspricht das ermittelte Konzentrationsniveau demjenigen unbelasteter ländlicher Regionen ohne den Einfluss relevanter industrieller Emissionen.

Für Quecksilber bestätigen die aktuell gemessenen Werte ebenfalls die im Jahr 2012 durchgeführte Messkampagne. Die Ergebnisse lagen auch damals auf einem niedrigen Hintergrundniveau, das sich nicht von erdgasfernen Regionen unterscheidet.

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Abbildung 4: Ergebnisse Dauermesspunkt Quecksilber, Gegenüberstellung mit Orientierungswert

Die Intensivmesskampagnen bei Fackelarbeiten wurden im Umfeld der Bohrung Mulmshorn Z6 (10/2015), Söhlingen Z14 (12/2015) und Söhlingen Z16 (05/2016) durchgeführt.

Die durchschnittlich gemessenen Werte sind folgender Aufstellung zu entnehmen:

Mulmshorn Z6: Quecksilber: 2,5 ng/m³, Benzol: 0,2 - 0,3 µg/m³

Söhlingen Z14: Quecksilber: 1,8 ng/m³, Benzol: 0,8 - 1,0 µg/m³

Söhlingen Z16: Quecksilber: 1,8 ng/m³, Benzol: 0,1 – 0,2 µg/m³

Die gemessenen Werte für Quecksilber liegen auf einem sehr niedrigen Niveau. Sie entsprechen weniger als 5 % des Orientierungswertes von 50 ng/m³ als Jahresmittelwert gemäß LAI.

Benzol stellt diejenige Komponente mit dem strengsten Beurteilungswert dar. Auch für diese wurde der Beurteilungswert gemäß TA Luft von 5 µg/m³ im Jahresmittel deutlich unterschritten. Verglichen mit einer dauerhaft betriebenen Messstation am Hamburger Flughafen sind die an der Dauermessstation ermittelten Werte plausibel. So lag die Benzol Konzentration im Oktober 2015 am Hamburger Flughafen bei 0,8 – 1,9 µg/m³, in Söhlingen bei 0,7 µg/m³. Der höchste Oktober-Stundenwert betrug in Hamburg 5,4 µg/m³. Bei den Intensivmesskampagnen bei Fackelarbeiten an der Mulmshorn Z6 im Oktober 2015 lag der maximal gemessenen Stundenwerte deutlich niedriger bei 0,3 µg/m³. Dies ist für die Untersuchungen an der Söhlingen Z14 (max. 0,9 µg/m³) und der Söhlingen Z16 (max. 0,2 µg/m³) übertragbar.

Die durchgeführten Intensivmessungen an den Förderplätzen Mulmshorn Z6, Söhlingen Z14 und Söhlingen Z16 zeigten sowohl an den mobilen Messpunkten, als auch am Dauermesspunkt keine Auswirkungen des Fackelbetriebs auf die Belastung der Umgebungsluft. Es gab keine signifikanten Unterschiede zwischen den Messpunkten am Mittelstrahl und den Seitenstrahlen. Die zeitgleich im Zuwind der Fackel gemessene Hintergrundkonzentration zeigte ebenfalls keine Auffälligkeiten. Dies gilt für Quecksilber, als auch für BTEX.

Insgesamt zeigen die Ergebnisse der durchgeführten Intensivmesskampagnen im Umfeld von Fackelarbeiten an Erdgasförderplätzen im Landkreis Rotenburg (Wümme) keine Anhaltspunkte für einen relevanten immissionsseitigen Beitrag infolge des Fackelbetriebs.


Messmethodik:

Dauermesspunkt:

Die Probenahme von BTEX am Dauermesspunk erfolgte unter Verwendung geeigneter Passivsammler2 (DIN EN 14662-5 und DIN EN 13528 1 – 3). Die gasförmigen Stoffe diffundieren dabei in das Glasrohr des Passivsammlers und werden auf dem Adsorptionsmedium (Aktivkohle) gesammelt. Die gesammelten Stoffe werden im Labor mittels Kohlenstoffdisulfid aus der Aktivkohle gelöst und anschließend analysiert.

Für Quecksilber wurde gemäß VDI 2267 Bl. 8 und DIN EN 15852 eine kontinuierliche Probenahme über jeweils 14 Tage durchgeführt. Hierzu wird mit Sorptionsrohren3 aus Quarzglas kontinuierlich beprobt. In ihnen befinden sich geeignete Goldfallen zur Anlagerung des Probemediums. Zur Absicherung einer möglichst vollständigen Quecksilbererfassung werden 2 Sorptionsrohre hintereinander geschaltet. Gegebenenfalls vorhandenes partikelgebundenes Quecksilber wird durch einen Filter aufgefangen. Nach der Beprobung werden die Proben fest verschlossen und ins Labor transportiert.

Der stationäre Dauermesspunkt wurde an einer repräsentativen Stelle im Erdgasfeld Söhlingen aufgestellt. Die dortigen Messungen erfolgten kontinuierlich über einen Zeitraum von neun Monaten (Juli 2015 - April 2016). Mit diesem Dauermesspunkt wurde überprüft, ob immissionsseitige Beurteilungswerte für Quecksilber und BTEX im Landkreis Rotenburg (Wümme) eingehalten werden.

Fackelmessungen:

Der Messaufbau wurde angelehnt an die VDI-Richtlinie 4251 Bl. 1 „…-Planung von anlagenbezogenen Immissonsmessungen - Fahnenmessung“ zusammen mit den Normen DIN 14662-2 und VDI 2100 Bl. 2. Hierbei werden zeitgleich 10 fächerförmig angeordnete Messstellen im Abwind der Fackel beprobt. Die einzelnen Messstellen sind in unterschiedlichen Abständen zur Fackel platziert. Die Probenahme erfolgt dabei aktiv4 über den gesamten Zeitraum der Fackelarbeit. Ein weiterer Messpunkt wird im Zuwind der Fackel positioniert um eine zeitgleiche Erfassung der Hintergrundwerte zu ermöglichen. Die zu untersuchenden Komponenten werden mittels Adsorption auf Probenträgern (Aktivkohle bzw. Goldfallen) über den gesamten Zeitraum der Fackelarbeiten aufgenommen und im Labor bestimmt.

Die ideale räumliche Lage der Messpunkte in Bezug auf die mögliche Ausbreitung der Gasfahne wird im Vorfeld der Messungen durch eine orientierende Ausbreitungsrechnung bestimmt. Die bestimmenden Einflussfaktoren sind dabei die erwarteten Witterungsbedingungen, die Fackelhöhe sowie die erwartete Gasmenge und -zusammensetzung. Diese Faktoren haben einen Einfluss auf den Auftrieb der Abgasfahne(thermische Überhöhung) (Auftrieb) und das Ausbreitungsverhalten des Gases. Die Ergebnisse einer Ausbreitungsrechnung können den folgenden Abbildungen entnommen werden.


Bildrechte: Müller-BBM
Abbildung 5: Orientierende Ausbreitungsrechnung, mittlere Windgeschwindigkeiten, angesetzte thermische Überhöhung von 75% (links), 50% (Mitte) und 25% (rechts). (Müller-BBM)
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Abbildung 6: Ergebnis der Ausbreitungsrechnung mit Mittelstrahl nach VDI 4251 Bl. 1. (Müller-BBM)

Wie eine solche Ausbreitungsrechnung in die Realität umgesetzt wird, ist in Abbildung 7 zu sehen. Dabei handelt es sich um die Verteilung der Messpunkte bei den Fackelarbeiten an der Söhlingen Z14 am 16.12.2015.

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Abbildung 7: Verteilung der Messpunkte bei Fackelarbeiten an der Söhlingen Z14 (Müller-BBM)

Die Abbildung 8 zeigt eine der verwendeten Messstationen auf freiem Felde.

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Abbildung 8: Messstelle (LBEG)
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Abbildung 9: Lage der untersuchten Erdgasförderplätze (Müller-BBM)

Untersuchte Komponenten:

BTEX:

stellt eine Sammelbezeichnung für die aromatischen Kohlenwasserstoffe Benzol, Toluol, Ethylbenzol und Xylol dar. Die leichtflüchtigen aromatischen Kohlenwasserstoffe kommen in geringen Anteilen in Rohöl und Erdgas vor.

Von den untersuchten aromatischen Kohlenwasserstoffen stellt Benzol diejenige Komponente mit dem strengsten Beurteilungswert dar. Der Hauptaufnahmeweg für Benzol verläuft über den Atemtrakt. Benzol kann Krebs erzeugen. Eine Hauptemissionsquelle ist der Kraftfahrzeugverkehr. Die städtische Grundbelastung von Benzol beträgt etwa 1 µg/m³ (Mikrogramm pro Kubikmeter Luft) die ländliche Grundbelastung 1 µg/m³ oder weniger.

Quecksilber (Hg):

ist ein giftiges chemisches Element und als einziges Metall bereits bei Zimmertemperatur flüssig. In der Erdkruste liegt es überwiegend gebunden als Sulfid (Zinnober), aber auch in elementarer Form (Metall) vor. In der Luft liegen die Quecksilber-Konzentrationen in unbelasteten Gebieten bei 2 bis 5 ng/m³ (Nanogramm/Kubikmeter), in Ballungsgebieten bei bis zu 10 ng/m³. In unmittelbarer Umgebung von Industrieanlagen sind es um 1 μg/m³ (Mikrogramm/Kubikmeter). Die bedeutendsten Emissionsquellen von Quecksilber sind Kohlekraftwerke, Emissionen aus den Ozeanen, Vulkantätigkeit, das Verbrennen von Biomasse, die Goldgewinnung, die Zementproduktion, die Müllverbrennung und die Chlor-Alkali-Elektrolyse zur Erzeugung wichtiger Grundchemikalien.

Hintergrundinformationen:

1Hintergrundwert: Ein Hintergrundwert ist ein Orientierungswert über den allgemein verbreiteten Gehalt eines Schadstoffes oder einer Schadstoffgruppe in Böden, Gewässern oder der Luft. Er stellt die Summe aus der natürlichen Vorbelastung und der Vorbelastung durch weiträumige Einträge aufgrund menschlicher Aktivitäten (z.B. Kraftfahrzeugverkehr) dar.

2Passivsammler: Die eingesetzten Passivsammler bestehen aus einem an beiden Enden offenen Glasrohr, das eine definierte Menge gekörnter Aktivkohle enthält. Zwei poröse Pfropfen aus Celluloseacetat an beiden Enden des Rohres fixieren die Aktivkohle und wirken bei den Probenahmen als Diffusionsbarrieren. Zum Schutz des Sammlers vor Kontamination bei der Lagerung und beim Transport wurde er vor und nach der Exposition in einem Glasbehälter platziert. Dieser wird mit einer Teflon/PTFE-kaschierten Schraubkappe (oder Ähnlichem) verschlossen.

3Sorptionsrohr: Die Probenahme erfolgt durch zwei hintereinander geschaltete spezielle Sorptionsröhrchen. In diesen Röhrchen befindet sich ein Gold-Platin-Netz, woran sich die in der Gasphase vorhandenen Quecksilber-Dämpfe im sogenannten „Amalgamverfahren" anlagern. Im Labor wird das adsorbierte Quecksilber durch Erhitzen wieder freigesetzt. Der Quecksilbergehalt wird dann mittels Atomabsorptionsspektrometer (AAS) bestimmt. Durch dieses Anreicherungsverfahren ist es möglich, sehr niedrige Quecksilberkonzentrationen in der Luft zu bestimmen (ng/m³).

4Aktive Probenahme: Hierbei wird ein definiertes Probenvolumen, gesteuert über Pumpen, über Aktivkohleröhrchen gezogen. Die Probenahme erfolgt über die Dauer von 6 – 12 Stunden. Nach der Beprobung werden die Aktivkohleröhrchen fest verschlossen und ins Labor transportiert. Dort erfolgt die Extraktion der Proben mit Schwefelkohlenstoff und die anschließende Analyse.

5LAI: Informationen über die Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft erhalten Sie hier.

Artikel-Informationen

Ansprechpartner/in:
Herr Rochus Rieche

Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie
Clausthal-Zellerfeld
An der Marktkirche 9
38678 Clausthal-Zellerfeld
Tel: 05323 / 9612-268

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